Informationen die aus dem Buch „The Care of the Racing Greyhound“ (Blythe et al.) stammen und mit der freundlichen Erlaubnis von Mrs. Blythe excerpiert, ins deutsche übersetzt und veröffentlicht wurden.
Freigegeben von Veronica


Die meisten „normalen“ Tierärzte können mit dem Begriff „Greyhoundsperre“ nichts anfangen (mit der daraus entstehenden Krankheit auch nicht…)
Der med. Fachbegriff lautet: „Rhabdomyolysis“.
Andere Namen: Myoglobinurie, oder engl. Metabolic Acidosis oder Azoturia.

Es handelt sich dabei um eine Stoffwechselreaktion des Hundes aufgrund zu hoher Belastung, so wie sie beim Hetzen, Rennen oder Coursen auftreten kann.
Erklären Sie ihrem Tierarzt, es handele sich um die gleiche Krankheit, welche beim Pferd „Kreuzverschlag“ genannt wird.
Die Sperre muss unbedingt möglichst zeitnah behandelt werden, da möglicherweise akute Lebensgefahr für den Hund besteht.
Ca. 50% aller Sperren enden tödlich, weil sie entweder nicht erkannt oder falsch behandelt wurden.

Sie kommt vor bei Greyhounds (sämtlicher Richtungen, egal ob Renn-, Show- oder Coursinglinie, auch ohne Rücksicht darauf, ob es sich um einen Retired oder einen aktiven Grey handelt), Whippets, Galgos und Chart Polskis.
Bei Pferden gibt es etwas ähnliches (und dennoch ganz anders): „Kreuzverschlag“.

Die „Greyhoundsperre“ tritt dann auf, wenn der Hund sich außerordentlich verausgabt hat, ohne in entsprechend gutem Trainingszustand gewesen zu sein.
Oft kommt sie auch bei der Hasenhetzjagd vor.

Faktoren, die eine Sperre begünstigen:

– ungenügender Trainingszustand
– wenn der Hund sich im Vorfeld schon so aufgeregt hat, weil er weiß, dass er gleich Rennen darf, sich in großer Anspannung befindet und schon einige Zeit verstärkt hechelt
– heißes und schwüles Wetter, oder der Hund musste vor dem Rennen in einem zu warmen Auto ohne Klimaanlage warten
– zu viele Renneinsätze für den Hund
– zu geringer Kaliumspiegel im Blut

Es gibt unterschiedliche Schweregrade bei der „Greyhoundsperre“: vom leichten Abbau der Muskulatur bis hin zum Tod.

Nach Blythe et al. kann die Rhabdomyolysis in drei Unterkategorien geteilt werden, die sich in der Schwere der klinischen Symptome und der Behandlungsdringlichkeit unterscheiden.

(Zwischeninfo: Im Prinzip ist es eine genetisch veranlagte verminderte Pufferkapazität der Muskulatur, die bei viele Rassen, nicht nur Windhunden auftreten kann. Schnell kontrahierende Muskulatur hat weniger Pufferkapazität von Hause aus, daher ist es logisch, dass besonders bemuskelte und schnelle Hunde eher zu einer Entgleisung des Stoffwechsels neigen, als andere. Ich hatte Rhabdomyolysis auch schon bei Bordercollies und bei schnellen Jagdhunden (Pointer) gesehen.

Todesfälle gibt es, weil – vereinfacht gesagt – die Eiweißstücke, die abgebaut werden, viel zu groß sind und beim Ausscheidungsversuch v.a. die Nierenkapillaren verstopfen können, oder aber die Herzgefäße, und so einen Infarkt verursachen. (Dr. Barbara Koller)

Ein Endprodukt des anaeroben Metabolismus bei der Belastung ist die Milchsäure. Die anfallende Menge an Milchsäure erschöpft die intrazellulären Pufferkapazitäten der Muskelzellen, wodurch die Zellwände instabil werden. Wasser aus dem umgebenden Gewebe dringt in die Muskelzellen ein, wodurch diese Anschwellen, bis die Zellwände platzen. Das Muskelprotein (Myoglobin) und die Elektrolyten der Zellen werden jetzt ausgespült und gelangen in den allgemeinen Blutkreislauf. Von dort werden sie von den Nieren wieder ausgefiltert und ausgeschieden (weshalb der Urin sich je nach Schweregrad bis dunkelbraun färbt).
Komplikationen sind, die Moleküle des roten Muskelfarbstoffs sind größer als die feinen Nierenkanälchen, wodurch es zu Verstopfung kommen kann, bzw. kommt.
Außerdem verursacht die Schwellung der Muskelzellen einen unmittelbaren Druck auf die kleinen Gefäße, die Blut und Sauerstoff transportieren. Folge ist eine verminderte Versorgung der beschädigten Muskelfasern.
Hinzu kommt, dass durch den verringerten Blutfluss, die Kühlung nicht mehr ausreichend funktioniert, so dass sich hier mehrere destruktive Prozesse summieren.

Anzeichen für das Vorliegen einer „Greyhoundsperre“:

– Hund zeigt nach der Belastung deutliche Anzeichen von Stress und Muskelschmerzen, diese entwickeln sich noch im Verlauf der nächsten Tage
– eventuell aufgezogener Rücken
– die Muskulatur erscheint geschwollen, knotig verhärtet
– erhöhte Körpertemperatur, spürbar durch bloße Berührung
– Berührungsempfindlichkeit vor allem am Rücken und an den Hinterschenkeln
– eventuelles Nachziehen der Hinterbeine im Schritt
– Hinlegen oder Aufstehen ist extrem schmerzhaft für den Hund
– Urin dunkel verfärbt, oder enthält ausgefällte oder geleeartige Anteile von Myoglobin
(dies kommt weil die Nieren den Muskelfarbstoff ausscheiden, dieser Vorgang birgt die Gefahr einer kompletten Blockade der Nieren mit Nierenversagen und Todesfolge innerhalb von 48 Stunden in sich)

Behandlung

– so schnell wie möglich!

1) Infusionen:
45 ml/kg Körpergewicht; von essentieller Bedeutung um einen Schock zu verhindern und die Nieren dabei zu unterstützen, das anfallende Material auszuschwemmen.
Die Infusionslösung sollte isotonische Elektrolyt-Lösung sein, wie z.B. Ringer-Lösung.
Achtung: NICHT Ringer-Laktat-Lösung = Hartmann-Lösung!!!! Die Hunde sind schon overloaded mit Laktat.

1.1) Infusionen zum Neutralisieren der riesigen Mengen von Milchsäure
z.B. durch intravenöse Gabe von Sodium Bicarbonate Lösung (4,2%), 3 ml/kg Körpergewicht.

Diese beiden intravenösen Infusionen sollten am besten getrennt gegeben werden: eine in eine Vene der Extremitäten, eine z.B. in die Halsvene (steht alles so im o.g. Buch).
Dieser Vorgang sollte täglich wiederholt werden 3 – 4 Tage lang.

2) Den Hund kühlen mit nassen, kalten Handtüchern auf der betroffenen Rückenmuskulatur
Die Körpertemperatur sollte überwacht werden bis die Temperatur wieder unter 39° ist. Dann den Hund in eine warme Umgebung bringen (so um die 20°)

3) Antibiotika kann gegeben werden, um den gestressten Organismus vor sekundären Infektionen zu schützen.
(Vorgeschlagen werden hier: Lincomycin (zusammen mit der Infusion) oder Amoxicillin, intramuskulär an 5 Tagen;

4) Der Urin sollte im alkalischen Bereich gehalten werden (höherer ph-Wert), entweder mit Kaliumcitrat (75 mg/kg Körpergewicht) oder mit Sodium Bicarbonate (100 mg/kg Körpergewicht) für 10 Tage, nach Beendigung der intravenösen Infusionstherapie.
Das ist vor allem gut für die Nieren und hilft, alles auszuspülen, was noch von den defekten Muskelfasern angeschwemmt kommt.

Es sollte darauf geachtet werden, dass der Stoffwechsel nicht in den alkalischen Bereich umkippt.

Zusätzliche unterstützende Maßnahmen:

– Dimethylglyzin (DMG) 50 mg oral alle 5 – 6 Stunden (10 – 14 Tage).
– nichtstereoide Entzündungshemmer wie z.B. carprofen (oral 50 mg alle 12 Stunden mit dem Futter oder danach), 5 Tage lang für die Muskelschmerzen. Eventuell nach 5 – 6 Tagen wiederholen.
– Anabolika (anabolic steroids) sind angezeigt, weil der Hund eine negative Proteinbalance aufzeigt. Möglicherweise kann der Abbau der Rückenmuskulatur verringert werden mit einer Initialen von 25 mg intramuskulär, gefolgt 12,5 mg jeden dritten Tag.
– Magnetfeldtherapie (hohe Frequenzen) 10 min täglich

Quelle:http://happy-sighthound.de

Greyhoundsperre-Notfallplan lesen Sie hier
Quelle: http://info-hz.de/greyhound/viewtopic.php?f=51&t=4973

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